Last Updated on 15. März 2018 by Inka
Feste muss man feiern, wie sie fallen. Wer weiß schon, wann sich wieder die Gelegenheit ergibt, alte Freunde wiederzusehen. Und wenn gleich mehrere Ereignisse so günstig beeinander liegen, lohnt sich sogar die Anreise aus Schweden. Weil der Papa leider nicht mitkommen kann – nach der Elternzeit haben sich erstmal seine Kollegen einen Urlaub verdient – machen sich Junior und ich alleine auf die Socken. Ein großes Abenteuer: 10 Tage Mutter-Kind-Urlaub in Deutschland!
Wir kommen später los, als geplant. Frühstücken mit Sohnemann dauert seine Zeit. Außerdem bin ich nervös. Pässe, Windeltasche, Breichen – alles da? Habe ich eigentlich Socken eingepackt? Um kurz vor 9 Uhr komme ich zu dem Schluss, dass sich alles Unersätzliche im Auto befindet und sich das Vergessene kaufen lässt. Wir verabschieden uns und rollen vom Hof.
Mit schwedischer Gelassenheit tuckern wir durch Südschweden in Richtung Öresundbrücke. Dort wird es das erste Mal spannend. Aber die Ampel springt binnen Sekunden auf grün und die Schranke öffnet sich: unser neuer BroPass-Transponder funktioniert und wir haben die erste Etappe geschafft. Mit jedem Kilometer wird das Wetter besser. Wir lassen den Nieselregen hinter uns und erreichen den Fähranleger mittags bei strahlendem Sonnenschein. Auf dem Außendeck der Fähre hole ich mir sogar Sommersprossen. Dann beginnt der unangenehme Teil der Fahrt. Wie jedes Mal ereignet sich schon in Fehmarn knapp der erste Unfall. Irgendein Vollidiot meint immer, die kilometerlange Autoschlange, die sich gerade aus der Fähre windet, auf der Bundesstraße überholen zu müssen. Die A7 ist eine Ansammlung von Baustellen und wir nehmen auf den 500 Kilometern den Feierabendverkehr von Hamburg, Hannover, Göttingen und Kassel mit. Lange läuft es gut, aber die letzte Stunde zerrt an den Nerven. 13 Stunden und unzählige Kinderlieder in Endlosschleife – wusstet ihr, dass sie genau wie Namen ihre Bedeutung verlieren, wenn man sie immer wieder wiederholt? Irgendwann singe ich Nippertippan auf Bumsdada-firallala und es funktioniert auch – später haben wir es geschafft. Es ist Freitag, der 22. September um 22 Uhr und wir sind endlich in Hessen.
Das hätte ich mich nicht getraut
Eine Situation ereignet sich in den zehn Tagen immer wieder. Die Frage nach dem Papa, die Verwunderung über seine Abwesenheit und die Erkenntis, dass ich dann also irgendwie alleine nach Deutschland gekommen sein muss. Jedes Mal ernte ich ungläubige Blicke, gefolgt von der Bemerkung: „Das hätte ich mich nicht getraut.“ Ich verstehe den Satz nicht. Was soll das bedeuten? Hält man mich für mutig? Für draufgängerisch? Für waghalsig gar? Dürfen Mamas plötzlich nicht mehr Auto fahren, weil das ungeschriebene Gesetz der Familienzuständigkeiten besagt, dass Papas fahren und Mamas Windeln wechseln? Wir haben da schon immer anders getickt. Judith findet unser Abenteuer einfach cool. Danke, Judith! Damit kann ich was anfangen.
Meanwhile in Sweden
Finn nutzt die Ruhe und schläft sich mal wieder richtig aus. Zwei Tage ist er praktisch nicht von seinem Deckchen runterzubekommen. Danach nimmt er seinen Beobachtungsposten im Flur ein und schaut, ob sich Frauchen und die kleine Nervensäge mal wieder blicken lassen. Papa arbeitet und macht feierabends und am Wochenende Haus und Garten winterfest. Da ist genug zu tun: Da wollen Fassaden geschmirgelt und gestrichen werden, Laub gerecht, verunkrautete Beete gereinigt und die Garage aufgeräumt werden. Wir sind über jeden Schritt informiert und immer öfter reiht sich ein Sehnsuchtsbild in die Reportage ein: Chris schürt das Heimweh. Funktioniert. Urlaub ist toll, aber langsam sehne ich mich nach unserem roten Schwedenhäuschen zurück. Die Rückreise verläuft problemlos. Nach elf Stunden passieren wir unseren roten Briefkasten. Daheim.
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