Mittsommer: Das schwedische Fest zur Sommersonnenwende

Die Volkstanzgruppe Urshult Bygdegille führt einen Tanz auf. rt.
An Midsommar sind alle Straßen wie leergefegt, denn jeden zieht es raus auf’s Land.

Last Updated on 25. Oktober 2023 by Inka

Mittsommer ist hier in Schweden nach Weihnachten das zweitgrößte Fest im Jahr. Dann sind alle Straßen wie leergefegt, denn jeden zieht es raus auf’s Land.

Mit Mittsommer ist es wie mit Heilig Abend und Weihnachten beziehungsweise Silvester und Neujahr: Während die offiziellen Feiertage eher ruhig verlaufen, man ausschläft und sich erholt, findet das große Fest bereits am Vortag statt. Die große Feier zu Sommersonnenwende, die bis weit über die Landesgrenze hinaus Bekanntheit erlangt hat und bei der die Schweden um die Mittsommerstange tanzen, findet also üblicherweise bereits am Midsommarafton statt. Das kennt Ihr bestimmt schon aus dem englischen Sprachraum: Dort heißen die Vorabende von Weihnachten und Neujahr auch Christmas Eve und New Year’s Eve.

Ursprünglich wurde das Mittsommerfest jährlich am Tag der astronomischen Sommersonnenwende, dem 21. Juni, gefeiert. Im Zuge der mittelalterlichen Christianisierung und der Festlegung des 24. Dezembers als Geburtstermin Christi, fand das Fest dann am 24. Juni statt. Doch auch in Schweden müssen sich manche Bräuche dem modernen Berufsleben beugen. Deshalb wurde der midsommardagen 1953 per Gesetz auf den Samstag zwischen dem 20. und dem 26. Juni gelegt, weil dieser dem längsten Tag im Jahr am nächsten ist. Der Midsommerdagen ist immer ein Feiertag, während der Midsommerafton am Freitag zuvor ein normaler Arbeitstag ist. Wer kann, nimmt Urlaub oder startet früher ins Wochenende, sogar unser ICA macht um 16 Uhr die Schotten dicht. Auch die Kindergärten und Schulen bleiben meist geschlossen.

2016: Unser erstes Mittsommer in Schweden

Unseren ersten Midsommarafton haben wir zusammen mit einem befreundeten deutschen Paar auf dem Lunnabacken verbracht. Das ist ein kleiner Hügel in der Nähe von Urshult, auf dem ein historischer Bauernhof als Kulisse für jahreszeitliche Feste und volkstümliche Veranstaltungen dient. Um 14 Uhr ging es mit dem Schmücken und Aufstellen der midsommarstång los, was wir leider verpasst haben. Chris ist beruflich an die schwedischen Feiertage gebunden, weshalb ihm die Argumentationsgrundlage gegenüber seinem Arbeitgeber fehlt. Und so kamen wir gegen 15 Uhr genau zum gemeinsamen Froschtanz an. Dabei tanzen Groß und Klein um den Maibaum und singen das Lied vom lustigen Frosch.

Anschließend hat die Volkstanzgruppe Urshult Bygdegille zur Musik von Laras spelmän noch einen schwedischen Tanz aufgeführt. Danach haben alle Schweden ihre Sachen gepackt und sind heimgefahren. Das war wirklich lustig mitanzuschauen, denn nach 20 Minuten war der Lunnabacken wie leergefegt. Richtig los geht es nämlich erst zuhause – bei Hering mit Dill, schwedischen Frühkartoffeln, Erdbeeren mit Schlagsahne als Nachtisch und natürlich jeder Menge Schnaps.

2017: Unser erstes Mittsommer als Familie

2017 lag Mittsommer günstig, denn der 23. Juni fiel in Chris‘ Elternzeit. Das war schön, denn es machte uns flexibel. Wir konnten uns nach dem Mittagsschlaf von Sohnemann richten und mussten nicht erst den Feierabend abwarten, bis wir zum Lunnabacken aufbrechen können. Dort haben wir wieder den Nachmittag mit unseren deutschen Freunden verbrach. Die beiden haben auch einen kleinen Sohn, nur knapp vier Wochen jünger als unserer. Staunende Kinderaugen sind diesmal garantiert.

Wir trudelten gegen 13 Uhr auf dem kleinen Hügel ein. Diesmal gehörten wir zu den ersten, denn der offizielle Teil ging erst in einer Stunde los. Aber so hatten wir Zeit, uns ein schönes Plätzchen zu suchen. Anders als im vergangenen Jahr waren wir vorbereitet. Wir hatten unsere Picknickdecke dabei, etwas zu essen und zu trinken und – ganz wichtig – Bier zuhause gelassen. Die Dosen waren uns beim letzten Mal etwas peinlich. Die Schweden widmen den Midsommar-Nachmittag nämlich der Familie. Alkohol kommt erst abends auf den Tisch. 

Ab 13:50 füllt sich der Lunnabacken schlagartig. Allerdings scheint der Wetterbericht viele abgehalten zu haben; so voll wie im vergangenen Jahr wird es nicht. Es ist Regen angekündigt. Trotzdem sind die meisten der Aufforderung gefolgt und haben Zweige und Blumen mitgebracht. Denn das gemeinsame Schmücken der midsommarstång bildet wieder den Auftakt der Feierlichkeiten.

Anschließend tanzen alle um die midsommarstång. Diesmal reihe ich mich ein, Söhnchen auf dem Arm. Wer sich auf den Bildern über meine Körperhaltung wundert: Wir hängen gerade Wäsche auf. Denn darum geht es in dem alten Volkslied. Am Montag wird sie gewaschen, am Dienstag gespült, am Mittwoch aufgehängt, am Donnerstag gemangelt und am Freitag gebügelt. Am Samstag schrubben wir noch die Böden und gehen am Sonntag in die Kirche. Und zwischendrin tanzen wir immer wieder um die midsommarstång.

Den Auftritt der Volkstanzgruppe Urshult Bygdegille und Laras spelmän bekommen wir nur noch halb mit. Die Jungs können ihre Augen gar nicht mehr aufhalten und schlafen schon beinahe ein. Außerdem nieselt es schon – gleich geht der Regen los. Nichts wie heim!

Trevlig midsommar!


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