Last Updated on 9. August 2023 by Inka
Keine Konkurrenz zum Kreissaal
Mit der Geburt kommen 42 Wochen Schwangerschaft zu einem großen Finale. Es ist ein einschneidendes Erlebnis. Vielen Frauen ist es wichtig, in welcher Umgebung sie diese entscheidenden Stunden erleben möchten. In Schweden können Schwangere genauso entbinden, wie Deutschland auch: im Krankenhaus, im Geburtshaus oder zuhause – theoretisch. In der Praxis gibt es zum Kreissaal jedoch oft kaum eine Alternative.
In Deutschland entscheiden sich die meisten für das Krankenhaus. Dort haben von den 795.000 Kindern, die 2016 geboren wurden, 777.000 das Licht der Welt erblickt, so die Zahlen der Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe. Wer sich eine vertrautere Umgebung und individuellere Betreuung wünscht, dem stehen Geburtshäuser oder die eigenen vier Wände zur Wahl. Meistens ist das nächste Krankenhaus nicht allzu weit entfernt; bei Komplikationen ist recht schnell ein Arzt zur Stelle.
Einsamkeit und weite Wege
In Schweden sind die Wege weiter. Wer sich für ein Leben fernab des urbanen Trubels entscheidet und die Abgeschiedenheit der Wälder sucht, muss längere Fahrtzeiten ins Krankenhaus einplanen – zwei Stunden sind keine Seltenheit. Das kann im Ernstfall über Leben und Tod entscheiden – ein Risiko, dass man in Schweden ungern einzugehen bereit ist. Die Entbindung führt Schwangere daher in den allermeisten Fällen in die Klinik. Auch Geburtshäuser sind noch eher die Ausnahme und bislang vor allem in den größeren Städten wie Stockholm und Göteborg zu finden. In den eigenen vier Wänden findet der Sahlgrenska Akademie der Universität Göteborg zufolge nur eine von tausend geplanten Geburten statt. Stockholm ist zudem die einzige Provinz, die die Kosten für eine solche Hausgeburt übernimmt. Wer in den anderen Provinzen wohnt und trotzdem zuhause entbinden möchte, muss diese selbst tragen und auch die Organisation wie etwa die Suche nach der richtigen Hebamme übernehmen.
Kaum Entbindungen zu Hause
Der schwedische Fernsehsender SVT hatte vor einiger Zeit einen interessanten Beitrag dazu. Er handelt von Hanna, die ihren Sohn zuhause im Wohnzimmer zur Welt gebracht hat. Und vorhat, dies bei ihrem zweiten Kind zu wiederholen. Sie lebt in Halland und muss die 22.000 Kronen dafür selbst zahlen. Hausgeburten sind hierzulande unüblich, denn sie gelten als unnötiges Risiko für Mutter und Kind, auch durch die großen Entfernungen bedingt. „30 Minuten sind im Falle von unerwarteten Komplikationen eine lange Zeit, etwa wenn das Kind nicht selbständig atmet. Ob man zu Hause ist oder schon im Krankenhaus, kann über Leben und Tod entscheiden“, zitiert der Sender den Arzt Dan Andersson. Er ist Chef der Kinder- und Frauenklinik in Halland, auf die Hanna im Notfall angewiesen wäre.
Keine Besichtigungen im Krankenhaus
Unüblich sind in Schweden Krankenhaus-Besichtigungen. Stattdessen stellen viele Kliniken ihren Kreissaal, die Wöchnerinnenstation und die Ausstattung auf der Homepage als Filmchen vor. Andere laden zu Info-Abenden ein. Doch wer befürchtet, dass die Geburt in einem schwedischen Kreissaal steril und unpersönlich abläuft, irrt. Denn auch hier verschwinden zunehmend die technischen Geräte geschickt hinter Vorhängen und Wandgemälden. In der Raumgestaltung überwiegen Wohlfühlfarben. Darüber hinaus sind für die Geburt Hebammen zuständig, die in der letzten Phase oft Unterstützung von einer Krankenschwester bekommt. Ärzte werden nur im Notfall hinzugezogen, wenn Auffälligkeiten abgeklärt werden müssen oder um Strategien abzuklären.
Ich möchte in Växjö entbinden
So oder so – weder Hausgeburt noch Geburtshaus stehen für mich zur Debatte. Ich möchte mein Kind in einem Krankenhaus zur Welt bringen. Ich teile die Einschätzung des Arztes: im Notfall zählt jede Minute. Das nächstgelegene Krankenhaus ist in Karlshamn, aber ich möchte ins zuständige Läns-Krankenhaus nach Växjo. Das Centrallasarettet stellt seine Entbindungsstation übrigens in einem zehnminütigen Film vor. Anschauen lohnt sich: Man bekommt einen wirklich schönen Eindruck.
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