
Last Updated on 7. April 2025 by Inka
Für meinen Schwedisch-Sprachkurs musste ich ein Essä über die Entwicklung der schwedischen Sprache schreiben. Meine Erkenntnisse teile ich hier mit Euch.
Schwedisch wird heute weltweit von etwa 10,5 Millionen Menschen gesprochen, von denen die absolute Mehrheit (90 Prozent) im Königreich Schweden lebt. Der Rest verteilt sich auf die skandinavischen Nachbarländer, neben Norwegen und Dänemark vor allem Finnland, und auf die schwedischen Kolonien unter anderem in Amerika. Doch wie hat sich Schwedisch zu der Sprache entwickelt, die wir heute kennen? Und wie wird sie sich in Zukunft verändern? Ein Blick auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft einer lebendigen Sprache.
Altgermanisch, die Mutter des Schwedischen
Wer Deutsch und Englisch spricht, tut sich mit Schwedisch oft recht leicht – zumindest, was die Schriftsprache betrifft. Selbst für Laien sind geschriebene Texte in Zeitungen oder Speisekarten meist relativ gut verständlich. Das hat einen einfachen Grund: Schwedisch, Deutsch und Englisch sind germanische Sprachen mit der gleichen sprachlichen Herkunft: dem Altgermanischen, das sich zwischen 500 v. Chr. und 200 n. Chr. aus dem Indogermanischen entwickelte. Danach begann sich das Altgermanische in verschiedene Dialekte mit drei Hauptzweigen aufzuspalten: in das Westgermanische (Vorläufer unter anderem von Deutsch und Englisch), das Ostgermanische (Vorläufer unter anderem von Gotisch, heute ausgestorben) und das Nordgermanische, aus dem die skandinavischen Sprachen hervorgingen. Noch heute verstehen sich die Skandinavier deshalb untereinander recht gut, obwohl sich im Laufe der Jahrhunderte daraus viele eigenständige Sprachen entwickelt haben.
Expansion der Wikinger breitet die Sprache aus
Zwischen dem 5. und 8. Jahrhundert wandelte sich das Nordgermanische vor allem in Lautstruktur und Grammatik. So entstand das Altnordische, eine Sammelbezeichnung für die vielen Dialekte, die in der Wikingerzeit (ca. 800–1300 n. Chr.) in ganz Skandinavien gesprochen wurden. Handel, Expansion und Krieg ließ die Wikinger sich weitläufig in verschiedene Himmelsrichtungen ausbreiten, woraus wiederum drei Sprachvarianten hervorgingen: das Altwestnordische (Vorläufer von Norwegisch, Isländisch und Färöisch), das Altostnordische (Vorläufer von Schwedisch und Dänisch) und das Altgutnische (Vorläufer von Gotländisch). Während das Altwestnordische auch durch die geografische Isolation seiner Bewohner recht unverändert blieb und Isländisch bis heute noch an die alte Wikingersprache erinnert, wurde das Altostnordische stark vom Norddeutschen beeinflusst und hat sich seither stark verändert.
Runsvenska, Fornsvenska, Nysvenska und Nusvenska
Die ältesten schriftlichen Zeugnisse Schwedens stammen aus der Zeit zwischen 800 und 1225 und sind in Runenschwedisch (runsvenska) verfasst, das mit einem einfachen Runenalphabet aus 16 Zeichen (sogenanntes Jüngeres Futhark) geschrieben war. Während des Mittelalters wurde Runenschwedisch vom Fornsvenska (1225-1526) verdrängt, das mit lateinischen Buchstaben geschrieben wurde. Durch den Einfluss der katholischen Kirche waren viele Texte noch auf Latein verfasst, während mit den mittelalterlichen Provinzgesetzen eine schriftliche schwedische Rechtssprache eingeführt wurde. Das Västgötalagen ist das älteste der erhaltenen regionalen Gesetze. Die Übersetzung des Neuen Testaments ins Schwedische im Jahr 1526 gilt als der Beginn von Nysvenska (1526-1879), das Latein weiter verdrängte und stark vom Niederdeutschen geprägt wurde. Einen großen Einfluss auf die Verbreitung des Nysvenska in der bürgerlichen Bevölkerung hatte die Veröffentlichung die Zeitschrift „Then swänska Argus“ von Olof von Dalin. Sie war in einer einfacheren und umgangssprachlicheren Sprache verfasst, um eine breitere Leserschaft anzusprechen. Zum Standard für die Rechtssprache wurde das Gesetz des Königreichs Schweden von 1734. Das moderne Schwedisch, das seit der letzten Jahrhundertwende in Schweden gesprochen wird, wird als Nusvenska (ab 1879) bezeichnet.
Schwedisch voll von Lehnwörtern
Im Laufe der Jahrhunderte hat die schwedische Sprache viele Wörter aus anderen Sprachen aufgenommen, die teilweise immer noch in Gebrauch sind. Diese sogenannten Lehnwörter stammen aus verschiedenen historischen Phasen und spiegeln die kulturellen und politischen Einflüsse wider, die Schweden geprägt haben:
- Wörter wie kyrka (Kirche), teater (Theater) und skola (Schule) stammen aus dem Griechischen und verdeutlichen den Einfluss der antiken Kultur, Bildung und Unterhaltung,
- Wörter wie religion (Religion) universitet (Universität) und doktor (Doktor) stammen aus dem Lateinischen und sind Zeugnisse des Einflusses der mittelalterlichen Gelehrtensprache in Kirche, Bildung und Wissenschaft,
- Wörter wie skomakare (Schuhmacher), vara (Waren) und arbete (Arbeit) stammen aus dem Deutschen und zeigen den Einfluss der Hanse sowie deutscher Handwerks-, Handels- und Verwaltungsstrukturen,
- Wörter wie möbel (Möbel), restaurant (Restaurant) und trottoar (Bürgersteig) stammen aus dem Französischen und zeigen den kulturellen Einfluss Frankreichs, insbesondere in Mode, Architektur und Stadtplanung,
- Wörter wie jobba (arbeiten), googla (googeln) und sport (Sport) stammen aus dem Englischen und sind eine Folge der Globalisierung und moderner Lebensweisen auf die schwedische Sprache.
Zudem haben sich viele technologische Begriffe wie app und streama (streamen) etabliert.
Amtsschwedisch muss einfach sein
Schwedisch – inklusive der schwedischen Zeichensprache – wurde am 1. Juli 2009 durch das Sprachgesetz zur offiziellen Sprache ernannt, zu der alle Menschen in Schweden Zugang haben müssen. Alle staatlichen Stellen sind seitdem verpflichtet, die schwedische Sprache zu verwenden und sich gepflegt, einfach und verständlich auszudrücken. Außerdem hat das Gesetz Finnisch, Tornedalfinnisch, Jiddisch, Romani und Samisch als schützenswerte nationale Minderheitensprachen anerkannt. Um die Pflege der schwedischen Sprache und die Sprachpolitik bemühen sich der „Sprachrat“ (Språkrådet), eine staatliche Einrichtung im „Institut für Sprache und Volkstum“ (Institutet för språk och folkminnen), und private Organisationen wie Språkförsvaret. Daneben werden dem schwedischen Linguisten Mikael Parkvall zufolge in Schweden zwischen 150 und 200 weitere Sprachen gesprochen, die unter dem Begriff minoritetsspråk zusammengefasst werden.
Schwedisch verändert sich
Wie jede Sprache verändert sich auch Schwedisch permanent. Globalisierung, Migration und neue Technologien, die grenzüberschreitend Zugang zu internationalen Medien ermöglichen, bringen neue Begriffe in den Wortschatz ein. Wissenschaftliche und technische Fortschritte erfordern neue Wörter. Auch soziale Faktoren, wie der Wandel von Normen und Werten, beeinflussen Wortwahl und Grammatik. Diese Entwicklungen zeigen, dass Sprache ein lebendiges System ist – und dass sich Schwedisch auch in den kommenden Jahrzehnten weiter verändern wird.
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