Last Updated on 28. März 2024 by Inka
Schweden hat jahrezehntelang einen Großteils seines Plastikmülls verbrannt. Damit soll bald Schluss sein: Bis Ende 2025 will es mindestens 50 Prozent seiner Plastikverpackungen recyclen, bis Ende 2030 sogar mindestens 55 Prozent. Dabei können die Bürger mithelfen.
Die EU hat große Ziele: bis 2050 sollen ihre Mitgliedsstaaten klimaneutral werden, also den Ausstoß ihrer Treibhausgase rechnerisch auf „Netto Null“ reduzieren. Und um die Verschmutzung der Umwelt durch Plastikmüll aufzuhalten, ist das EU-Plastikverbot ein Schritt in Richtung plastikarme Zukunft.
Schweden ist hochmotiviert dabei. Die Klimaziele will das Land sogar überbieten und bis 2045 erreichen. Recycling ist dafür ein Schlüsselfaktor und vieles macht Schweden dabei schon richtig, denn vier seiner neun selbstgesteckten Ziele hat es schon erreicht. Zu Recht stolz ist es auf seine Recyclingquote von Aluminium, Papier/Pappe und Metall. SCB zufolge, dem Statistiska centralbyrån (Statistikmyndigheten), wurden im Jahr 2021 in Schweden insgesamt 90 Prozent der Aluminiumpfanddosen, 85 Prozent der Papierverpackungen, 85 Prozent des Aluminiums (einschließlich Pfanddosen) und 81 Prozent des eisenbasierten Metalls recycelt. Sehen lassen kann sich auch die schwedische Recyclingquote von Glas (83 Prozent), PET-Flaschen (82 Prozent) und Holz (11 Prozent), obwohl Schweden findet, da geht noch was: diese Ziele sind noch nicht erreicht.
(Piktogramme: FTI)
Verbrennen ist kein Recyclen
Doch seinen Umgang mit Plastik wird Schweden ändern müssen. Denn noch im Jahr 2021 hat das Land SCB zufolge 67 Prozent seiner Plastikverpackungen verbrannt, was im Sinne der EU-Verpackungsrichtlinie eindeutig nicht als Recycling zählt. Denn auf diese Weise trägt er zwar zur Wärme- und Warmwasserversorgung des Landes bei, allerdings verschwinden damit kostbare, ursprünglich fossile Ressourcen unwiederbringlich aus dem Wertstoffkreislauf: noch immer werden weltweit mehr als 99 Prozent des Plastiks aus Erdöl hergestellt. Recycelt wurde in Schweden entsprechend nur die Differenz, also 33 Prozent. Bezogen auf den gesamten anfallenden Plastikmüll waren es 2021 sogar weniger als 10 Prozent.
Schwedischer Aktionsplan „Plastik“
Dieses Problem versucht die schwedische Regierung zu lösen. Bis Ende 2025 will Schweden mindestens 50 Prozent seiner Plastikverpackungen recyclen, bis Ende 2030 mindestens 55 Prozent. Dazu hat Umweltministerin Annika Strandhäll Ende Februar 2022 einen Aktionsplan vorgestellt. Weil es aufgrund seiner positiven Eigenschaften im täglichen Einsatz oft noch keine ernstzunehmende Alternative für Plastik gibt, geht es im Aktionsplan nicht in erster Linie darum, den Wertstoff völlig zu vermeiden. Unter der Devise „Rätt plast på rätt plats“ (dt.: Das richtige Plastik am richtigen Ort) soll vielmehr ein nachhaltiger Umgang geschaffen werden. Wichtige Ansatzpunkte sind deshalb, dass die Produktion auf nachhaltige biobasierte Rohstoffe umgestellt wird, dass der Kunststoff recyclingfähig ist, nicht mehr in der Umwelt landet und insgesamt mehr recycelt wird.
Maßnahmen entlang der Wertstoffkette
Der Aktionsplan ist daher voll mit to-dos. So soll die schwedische Umweltschutzbehörde beispielsweise die Plastikströme im Land erfassen und Vorschläge für eine Kreislaufwirtschaft ohne fossile Brennstoffe erarbeiten. Dazu gehört auch, den Verlauf von Mikroplastik von der Quelle bis ins Meer nachzuvollziehen und zu untersuchen, wie Plastik besser sortiert werden kann. Aber auch konkrete Ziele hat der Aktionsplan bereits definiert. 55 Maßnahmen entlang der kompletten Wertschöpfungskette sollen künftig die Auswirkungen von Plastik auf Klima und Umwelt reduzieren. So ist etwa von 2024 an der Verkauf von Einwegbechern mit mehr als 15 Prozent Plastik verboten, bis 2030 müssen neue Kunststoffverpackungen zu mindestens 30 Prozent aus recycelten Rohstoffen bestehen. Und ab 2024 sind alle Verkaufsstellen verpflichtet, Mehrwegbehälter als Alternative zu Einwegbehältern für Essen und Getränke zum Mitnehmen und Bestellen anzubieten.
Schweden macht Mülltrennung so bequem wie möglich
Ein hohes Recyclingpotential steckt in sortiertem Plastikabfall ohne Verunreinigungen. Effizientes Recycling schließt daher auch den Verbraucher mit ein. Die schwedische Politik weiß, dass sie ihren Bürgern entgegen kommen muss, wenn sie ihre Ziele erreichen will. Solange die einsamen Häuser am Waldrand nur eine Restmülltonne vor dem Haus stehen haben und alle Wertstoffe irgendwo im Keller separat gesammelt und zum nächsten Wertstoffhof gefahren werden müssen, wird es schwer. Rund 30 Prozent des Restmülls in Schweden besteht aus Verpackungen, die eigentlich nicht verbrannt werden müssten. Studien zeigen aber, dass die Bereitschaft der schwedischen Haushalte zum Trennen höher ist, wenn sie die einzelnen Wertstoffe wohnungsnah entsorgen können. Das schwedische Stichwort ist: fastighetsnära insamling av förpackningar och returpapper (FNI), oder „Wohnungsnahe Sammlung von Verpackungen und Altpapier“.
Schwedische Mülltonnen ermöglichen Mülltrennung
Das schwedische Umweltministerium sieht die Kommunen und Hersteller in der Pflicht, den Bürgern künftig die Mülltrennung weiter zu erleichtern. Wie zum Beispiel mit dem Fyrfackssystem: Dabei handelt es sich um Mülltonnen, deren Innenraum in verschiedene Bereiche unterteilt ist. Als unsere Tingsryds kommun sie 2019 eingeführt hat, habe ich ihnen einen Beitrag gewidmet, den Ihr hier findet. Für diejenigen, die in Schweden kein eigenes Haus besitzen, sondern zum Beispiel in einem Mehrfamilienhaus in der Stadt leben, müssen andere FNI-Lösungen gefunden werden. Das schwedische Umweltministerium schlägt vor, dass das Netz aus bemannten Wertstoffhöfen (Återvinningscentral; ÅVC) und unbemannten Sammelstellen (Atervinningsstation; ÅVS) dichter wird und weiter in die Wohngebiete vorrückt.
Allerdings zeigt der Jahresbericht 2021 von Avfall Sverige, dass von den insgesamt 290 Kommunen in Schweden nur 67 das Fyrfackssystem verwenden, 9 Kommunen hatten andere FNI-Systeme. Die restlichen 214 Kommunen haben keine haushaltsnahe Mülltrennung.
Tipps zur Mülltrennung in Schweden
Willst Du mithelfen, dass die Schweden ihr Ziel erreichen? Wenn Du stolzer Besitzer eines Ferienhauses bist, kannst Du Dich informieren, ob Deine kommun ein FNI-System anbietet. Wir haben durch den Wechsel von der normalen Restmülltonne auf das Fyrfackssystem sogar Geld gespart, allerdings unterscheidet sich die Höhe der Müllgebühren von kommun zu kommun.
Wenn Deine kommun kein Fyrfackssystem oder anderes FNI-System anbietet, wird bei Dir wahrscheinlich nur der Restmüll abgeholt. Dann musst Du Dir einige Sammelbehälter in den Keller stellen, darin nach Weißglas, Buntglas, Plastik, Pappe, Zeitungen und Metall trennen und bei der nächsten Gelegenheit zur Återvinningscentral oder zur Atervinningsstation fahren. Dort achtest Du auf folgende Beschriftungen:
- Papper: Papier-/Pappverpackungen
- Plast: Plastikverpackungen
- Tidningar: Zeitungen und Kataloge
- Metall: Metallverpackungen
- färgade Glas: Buntglas
- ofärgade Glas: Weißglas
Wenn Du diesem Affiliate-Link folgst, wirst Du zu Amazon weitergeleitet. Falls Du dort einkaufst, bleibt der Preis für Dich gleich und ich bekomme eine kleine Provision für die Empfehlung.
Jetzt weißt Du, warum IKEA so viel Auswahl in Sachen Mülltonnen bietet 🙂
Återvinningsstation; ÅVS | Återvinningscentral; ÅVC |
Unbemannte Sammelstellen, die von FTI betrieben werden. Dort können die Bürger Plastik, Pappe, Papier, Glas, Metall und Batterien entsorgen. Die Sammelstellen sind 24/7 zugänglich mit der Bitte, die Ruhe der Anwohner zu respektieren. Die nächste Atervinningsstation findest Du auf der Homepage von FTI unter https://fti.se/ | Bemannte Wertstoffhöfe, die von den Kommunen betrieben werden. Dort können die Bürger neben dem Haushaltsmüll auch Elektroschrott, alte Möbel und Sondermüll entsorgen. Die Wertstoffhöfe haben Öffnungszeiten. Die nächste Återvinningscentral findest Du auf der Homepage Deiner Kommun. |
Schwedische Getränkeindustrie für Pfand veranwortlich
Noch als Ergänzung: Schweden hat natürlich auch ein Pfandsystem für Plastik- und Glasflaschen sowie Metalldosen. Wie in Deutschland auch sind die Hersteller in der Pflicht, die Verbraucher mit einem Icon auf der Verpackung auf die Recyclingfähigkeit hinzuweisen und sie so zu animieren, die Flaschen und Dosen zu einer Pfandstelle zu bringen.
Antworten